inneres kind und psychische erkrankungen
Das innere Kind und psychische Erkrankungen
11. Juli 2024
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Abhiniveśaḥ – die Todesfurcht, Yoga Sutra 2.9

Tod und Yoga

Abhiniveśa- die Todesfurcht

Übersetzung und Kommentar von Pandit Rajmani Tigunait

Abhiniveśa bedeutet Tod und Angst vor dem Tod, weil sowohl der Tod als auch die Angst davor jeden Winkel und jede Ecke des verkörperten Bewusstseins durchdrungen haben. Abhiniveśa ist eins der 5 Kleshas. 

 

Die 5 Kleshas

Im Yoga werden fünf Kleshas unterschieden: Avidya: Unwissenheit, Asmita: Identifizierung, Ego, Raga: Wunsch, Dvesha: Abneigung, Abhinivesha: Furcht.

Kleshas sind bestimmte Strukturen, Muster und Kräfte im menschlichen Geist, die die Wahrnehmung und die Handlungsweise des Menschen steuern und ihn immer wieder in Situationen bringen, die leidvoll erfahren werden.

 

Der Tod als Feind

Unsere Kultur ist dem Tod abgeneigt. Für die meisten von uns ist der Tod ein Feind. Er besiegt das Leben und plündert alles, was das Leben angesammelt hat. Für einen Yogi hingegen ist der Tod eine Tatsache. Er kommt mit der Geburt, begleitet uns, solange wir leben, und erntet das Leben ununterbrochen, so wie ein Bauer seine Ernte einbringt. Es gibt niemanden auf der Welt, der keine Angst vor dem Tod hat, denn der Tod ist die Krönung aller Schmerzen. Das Wissen um den Schmerz, der mit dem Tod einhergeht, ist selbstverständlich. Sogar ein winziges Insekt, das aus einem Ei oder einer Puppe schlüpft, kämpft darum, sein Leben zu schützen. Diese angeborene Tendenz, sich ans Leben zu klammern, durchdringt jedes Lebewesen.

Warum ist der Tod so schmerzhaft? Er ist schmerzhaft, weil wir glauben, dass wir zum Zeitpunkt des Todes alles zurücklassen. Der Körper, den wir so sehr schätzen, wird verschwunden sein. Beim Tod verlieren wir unsere Lieben sowie unser Geld, unsere Macht, unser Ansehen, unsere Ehre und unsere Würde. Die Vorstellung, alles zu verlieren, was uns Identität verleiht, ist erschreckend. Diese Angst ist die eigentliche Ursache des Schmerzes und praktisch unheilbar.

Deshalb zählt Patanjali die Angst vor dem Tod zum Leiden. Das Ziel des Yoga ist es, sich von der scheinbar unheilbaren Angst vor dem Tod zu befreien. Ebenso befreit uns das Verdrängen von Gedanken an den Tod und die Beschäftigung mit den Reizen und Ablenkungen der Welt nicht von der Angst vor dem Tod. Der Tod vernichtet unseren Körper. Der Tod trennt uns von unseren Lieben. Der Tod macht unseren Anspruch auf unseren weltlichen Besitz zunichte. Aber der Tod tötet nicht unsere Seele. Er zerstört nicht unseren Geist.

 

Warum haben wir dann Angst vor dem Sterben?

Nur wenige von uns untersuchen jemals die Gründe für unsere Angst vor dem Tod und doch haben wir sie. Diese allgegenwärtige Angst hat ihre Wurzeln in unserem mangelnden Verständnis dafür, dass es etwas Wertvolleres gibt als unseren Körper, unsere sogenannten Lieben und unsere weltlichen Besitztümer. Die Freiheit der Seele ist unendlich wertvoller als die kurzlebigen Annehmlichkeiten unseres Fleisches. Unsere Lieben werden nur dann unsere Lieben bleiben, wenn unser Geist ruhig und gelassen und von bedingungsloser Liebe erfüllt ist. Weltliche Besitztümer kommen und gehen. Was nicht so leicht vergeht, sind unsere Gewohnheiten – einschließlich der Gewohnheit, ängstlich zu sein. Ein Mensch, der in Angst lebt, stirbt immer wieder, während er noch lebt. Das ist ein Leiden. 

 

Die Bedeutung des Todes im Yoga

Im Yoga ist der Tod kein Ende, sondern eine Transformation. Laut Yoga Sutra kann die endgültige Freiheit von der Angst durch Meditation erreicht werden. Auch das Kundalini Yoga empfiehlt, sich mit dem Sterbeprozess zu Lebzeiten vertraut zu machen und sich darauf vorzubereiten. Die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Tod kann helfen, die Angst davor zu reduzieren und das Leben mehr zu genießen.

Foto: Greg Rakozy / Unsplash

-> Originaltext

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