
Yoga bei psychischen Erkrankungen – Teil 1: Achtsamkeit
20. November 2025Yoga bei psychischen Erkrankungen – Teil 2: Asana
YOGA BEI PSYCHISCHEN ERKRANKUNGEN
TEIL 2: ASANA
Einfache Übungen
Je komplexer und anspruchsvoller Yogaübungen sind, desto herausfordernder werden sie für Menschen mit psychischen Belastungen. Solche Asanas benötigen viel Erklärung und der Fokus liegt stark auf dem „richtigen“ Ausführen. Das ist zwar sinnvoll, um Verletzungen vorzubeugen, führt jedoch oft dazu, dass Yogaschüler*innen nur noch damit beschäftigt sind, perfekt sein zu wollen oder sich mit anderen zu vergleichen.
Leistungsdruck & Stress
Gerade Menschen mit psychischen Erkrankungen kämpfen häufig mit Selbstzweifeln und Selbstabwertung. Eine zu anspruchsvolle Yogapraxis setzt sie daher unter Leistungsdruck und verstärkt Stress.
In der Yogatherapie wählen wir deshalb sehr einfache, stabile und gut zugängliche Asanas, bei denen keine Verletzungsgefahr besteht. Erst durch diese Reduktion entsteht Raum für innere Wahrnehmung – besonders für die oft beeinträchtigte Körper- und Atemwahrnehmung (vgl. Teil 1: Achtsamkeit).
Hilfreich ist es, komplexe Haltungen in einfache Varianten zu übersetzen, die Klient*innen mühelos ausführen können – z.B. Matsyendrasana (Drehsitz) auf einem Stuhl oder der „kleine Krieger“ mit dem hinteren Knie am Boden, statt Krieger I.
Asanas nicht zu lange halten
Wird eine Position lange gehalten, steigt häufig die Muskelanspannung. Cortisol- und Adrenalinwerte erhöhen sich, während die Herzfrequenzvariabilität sinkt – ein klarer Hinweis auf steigenden Stress. Menschen mit Depressionen, Angststörungen, Trauma oder bipolaren Störungen haben ohnehin eine empfindlichere Stressregulation. Das lange Halten kann Gefühle von Überforderung oder „Eingesperrtsein im eigenen Körper“ verstärken.
Zudem werden körperliche Empfindungen wie Zittern, Hitze, Druck oder Veränderungen im Atem intensiver wahrgenommen. Für Menschen mit Angst-, Panik- oder somatoformen Störungen können diese Empfindungen bedrohlich sein, weil sie denen eines Angstschubs ähneln.
Traumatisierte Menschen reagieren oft besonders sensibel auf Unbeweglichkeit, da sie diese mit Ausgeliefertsein oder „ich kann nicht weg“ assoziieren. Dies ähnelt dem neurobiologischen Freeze-Muster und kann Flashbacks oder Dissoziationen auslösen.
Dynamisch üben
Sanft-dynamischer Yoga ist bei psychischen Erkrankungen oft besonders hilfreich. Fließende Bewegungen reduzieren Atemanstrengung, aktivieren den Parasympathikus und unterstützen das Regulieren innerer Spannung. Atmung und Bewegung synchronisieren sich – der Körper fühlt sich weicher, durchlässiger und lebendiger an. Körper und Psyche kommen so leichter in eine stabile Balance.
Viele psychisch belastete Menschen empfinden fließende Empfindungen als deutlich angenehmer und weniger bedrohlich als intensive statische Zustände. Dadurch sinkt das Risiko für Trigger, Panik oder Dissoziation. Dynamik vermittelt dem Körper zudem Handlungsfähigkeit und Sicherheit.
Unsere Rolle als Yogatherapeut*innen
Wir sollten ausreichend Zeit für den Aufbau der Übungspraxis einplanen und stets mit einfachen Asanas beginnen. Die ersten Übungsprogramme sind bewusst kürzer und klar strukturiert. Folgeprogramme bauen darauf auf – schwierigere Übungen folgen erst, wenn die grundlegenden Bewegungsmuster vertraut sind. So können sich Körper, Atem und Geist schrittweise an neue Herausforderungen gewöhnen, ohne Widerstände aufzubauen.
Beim Üben steht immer im Mittelpunkt: Achtsamkeit, gut koordinierte Bewegungen ein freier, ruhig fließender Atem, Schmerzfreiheit, ein Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden. Die Yogatherapie ist nur gesund und nachhaltig, wenn die natürlichen Grenzen und Möglichkeiten des Körpers respektiert werden.
Integrale Yogatherapie-Ausbildung
Wenn Du mehr über Yogatherapie bei psychischen und stressbedingten Erkrankungen erfahren möchtest, dann informiere dich hier über die Integrale Yogatherapie-Ausbildung:
In 7 Modulen (200 UE) lernst du das yogatherapeutische Arbeiten mit verschiedenen psychischen Erkrankungen und deren Anforderungen auf körperlicher, mentaler und energetischer Ebene.
Modul 1 - Yogatherapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Modul 2 - Yogatherapie bei Stress und Burnout
Modul 3 - Yogatherapie bei Depression
Modul 4 - Yogatherapie bei Angststörungen
Modul 5 - Yogatherapie bei Abhängigkeit und Sucht
Modul 6 - Yogatherapie bei Traumata/PTBS
Modul 7 - Yoga Nidra
- Jedes Modul ist in sich abgeschlossen und kann auch einzeln als Fortbildung gebucht werden.
Fotocredits: unspleash

